Nachtfahrten als Vorbereitung auf 24h Rad am Ring

Da man bei einem 24h Rennen einige Stunden in der Dämmerung, sowie in der Nacht fährt, sollte man dies vorab getestet haben, nicht zuletzt, um Ausrüstung wie Licht, Kleidung, etc. zu testen, aber auch um auf die veränderten Lichtverhältnisse und die Reaktionen und Anpassungen vom eigenen Körper vorbereitet zu sein.

Unsere bisher absolvierten Nachtfahrten teilen sich in drei Varianten ein:

  1. Start in der Dämmerung und Fahrt in die Nacht
  2. Frühes Aufstehen und Fahrt am Morgen
  3. Mitten in der Nacht aufstehen/ in der Dunkelheit bis zum Sonnenaufgang fahren

Angenehme Fahrt in die Nacht

Gestartet sind Caro und ich auf einem Parkplatz in Weinheim. Hier hatten wir unsere Autos mit Wechselkleidung, Verpflegung und Ersatzteilen deponiert. Da wir nicht wussten, wie die erste Nachtfahrt wird, wollten wir auf alles vorbereitet sein. Wir wollten ca. zwei Stunden fahren, bevor wir zum ersten Mal wieder an den Autos sind, und hatten deshalb beschlossen, bereits eine lange Radhose zu tragen. Am Oberkörper entschieden wir uns für ein kurzes Radtrikot sowie Armlinge und eine dünne Windjacke.
Um 20 Uhr ging es dann bei recht starkem Wind los, in die Felder Richtung Viernheim, dem Sonnenuntergang entgegen. Ohne den fiesen Gegenwind eine richtig schöne Kulisse. Unterwegs entschieden wir uns dann doch für eine längere erste Etappe, erst durch die Felder nach Heddesheim, dann über Ladenburg bis an den Heidelberger Zoo. Da wir einen klaren Himmel hatten und in den Feldern unterwegs waren, war es deutlich länger hell als in der Stadt. Dennoch merkten wir, dass man sich viel mehr konzentrieren muss. Für die Augen war es in der Dämmerung deutlich anstrengender Unebenheiten o.Ä. auf der Straße vor einem erkennen und einschätzen zu können. Am Zoo angekommen waren knapp 1,5 Stunden der Zeit vergangen und es war inzwischen dunkel geworden.

Die zwei Lampen am Lenker waren von unterschiedlichen Herstellern, da wir diese im direkten Vergleich im Hinblick auf ihre Leuchtkraft testen wollten. Zum einen haben wir die Sigma AURA 60 USB LED Lampe, sowie eine NoName LED Lampe von MeeQee von Amazon. Beide haben einen integrierten Akku und können via USB Kabel geladen werden. Wenn man beide Lampen im direkten Vergleich sieht und fährt, fällt einem direkt auf, dass die Sigma eine wesentlich größere Leuchtweite hat im Vergleich zur MeeQee. Das bietet einem ein sichereres Fahrgefühl, da man Unebenheiten sowie Gegenstände auf der Straße deutlich früher erkennen und somit auch besser reagieren kann. Das Rücklicht Nugget 2 von Sigma lässt sich kinderleicht an der Sattelstütze befestigen und bietet mit seinen 6h Leuchtdauer ausreichend Kapazität auch bei längeren Nachtfahrten, passend also für das 24h Rennen. Wir werden beim 24h Rennen mit allen 3 Lampen am Rad in der Nacht fahren. Die MeeQee dient rein als Sicherheit sollte die Sigma unterwegs den Geist aufgeben.

Nach etwas mehr als drei Stunden waren wir wieder am Parkplatz angekommen und haben eine kurze Pause eingelegt. Mittlerweile hatte es auf 11 Grad abgekühlt und wir waren froh, uns eine wärmere Jacke überziehen zu können. Während wir die Jacken wechselten stellten wir fest, dass uns leicht schwummrig wurde und bei jedem Augenblinzeln ein kurzes Flackern wahrnehmbar war. Da merkt man erstmal wie anstrengend das Fahren in Dunkelheit mit einem Fahrradlicht für die Augen und das Gehirn doch sein kann. Man ist deutlich konzentrierter und das Gehirn muss alles wahrgenommene schneller verarbeiten.

Kaum waren wir wieder auf dem Rad war dieses Gefühl verflogen und wir machten uns auf zur B3 in Richtung Heppenheim. Auch wenn die Pause nur wenige Minuten andauerte, wurde unser Körper stark runtergekühlt, sodass wir trotz dickerer Jacke und Handschuhen angefangen haben zu frieren. So haben wir das Tempo etwas angezogen um den Körper wieder auf Temperatur zu bekommen, dies wiederum hat knapp 15 Minuten gedauert. Caro hatte zu allem Übel nach der Pause mit einem Motivations-Loch zu kämpfen. Immerhin war es dann schon fast 23.30 Uhr, der Körper liegt um diese Uhrzeit unter normalen Umständen bereits im Bett und schläft. Nach 108 Kilometern und etwas über vier Stunden reiner Fahrtzeit beendeten wir unsere erste Nachtfahrt am Ausgangspunkt.

Nachtfahrt auf dem Smart-Trainer

Der Wecker klingelte um 4 Uhr morgens und um 4.30 Uhr saßen wir auch schon auf dem Rad. Geplant war eine leicht wellige Strecke mit ca. 560 Höhenmetern auf 82 Kilometern, also genau das richtige um die müden Beine und den müden Körper wach werden zu lassen. Die Rollläden waren oben, auch wenn es draußen noch dunkel war, denn wir wollten die Dämmerung mitbekommen. Hierfür hatten wir auch nur eine kleine Lampe an. Die Beine waren für diese frühe Uhrzeit okay und auch sonst fühlten wir uns gut. Nach ca. 40 Minuten dann… Das große und nicht enden wollende Loch. Es war 5.10 Uhr und der Körper wollte einfach nicht mehr treten. Alles fing damit an, dass uns schwummrig wurde,  ähnlich wie bei unserer ersten Nachtfahrt. Es fing zuerst bei Caro an, aber auch ich blieb nicht verschont. Zu dem schwummrigen Gefühl kam recht schnell Müdigkeit. Wir fingen an zu Gähnen, die Augen wurden schwer, die Beine noch schwerer und wir hatten einfach keine Lust mehr weiter zu treten. Wir versuchten uns gegenseitig zu motivieren, was gar nicht so einfach war, da wir beide einfach nur noch runter vom Rad und ins Bett wollten.
Vielleicht fehlten einfach nur ein paar Kohlehydrate in Form von Zucker, um das Gehirn wieder in Schwung zu bringen? Weder Energieriegel noch Musik brachten Besserung. Wir mussten nach ca. 1.15 Stunden zwei kurze Pausen à 30 sec einlegen, da das schwummrige Gefühl mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt auftrat. Draußen wurde es mittlerweile langsam hell und wir erhofften uns eine positive Auswirkung auf unsere Gemüter. Aber: Fehlanzeige. Irgendwann kam dann endlich der Punkt, an dem sich die Situation besserte. Vielleicht war es auch einfach die Gewöhnung? Keine Ahnung was, aber auf einmal war das schwummrige Gefühl weg, die Beine wurden mit jedem Tritt stärker, wir hatten uns aus dem Loch herauskatapultiert und konnten die Einheit doch noch zu Ende fahren. Nach knapp 2.40 Stunden waren die 82 Kilometer geschafft. So hart diese Einheit vom Kopf her war, so lehrreich war sie auch, denn solche Situationen werden wir beim 24h Rad am Ring sicherlich öfter erleben. Wir wissen nun, dass es sich lohnt die Zähne zusammenzubeißen, weiter zu treten egal wie kraftvoll oder kraftlos die Tritte auch sein mögen. Irgendwann kommt der Punkt an dem es mental wieder bergauf geht.

Nachtfahrt auf der Straße

Auf dem Programm standen sechs lockere Stunden, Start war um 3.30 Uhr in der Nacht. Als der Wecker mitten in der Nacht klingelte, konnten wir uns kaum vorstellen, nach nur vier Stunden Schlaf gleich Leistung auf dem Rad erbringen zu können. Der Vortag: ein langer Trainingstag bis in den Abend, mit 3 km schwimmen und 140 km auf dem Rad, mit Tempowechseln und noch ein harter schneller 13 km Lauf im Anschluss. Das war nicht gerade locker und die Muskeln erst recht müde. Doch genau so war es geplant: müder Körper, müde Muskeln – so wird es uns beim 24h Rad am Ring sicherlich die meiste Zeit gehen. Unser Lager schlugen wir wieder auf dem Parkplatz von der ersten Nachtfahrt auf. Nicht ganz bei Sinnen machten wir uns also auf den Weg über die Felder wieder Richtung Heidelberger Zoo. Die Augen waren schwer beschäftigt, sich an die Dunkelheit und das Fahrradlicht zu gewöhnen. In der Nacht waren es 12 Grad, für den Vormittag waren aber bis zu 20 Grad und Sonnenschein gemeldet.

Wir starteten mit langer Radhose, kurzem Oberteil und etwas dickerer Radjacke, sowie dünnen Oberschuhe. Die Überlegung war nach dem kurzen Besuch am Zoo wieder zu den Autos zurück zu fahren und dort in dünnere Kleidung zu wechseln. Etwa fünf Kilometer vor dem Zoo fing es an zu dämmern und unsere Augen gewöhnten sich nach und nach ans Tageslicht – nicht jedoch unser Körper. Durch das intensive Training am Vortag und den nicht allzu warmen Temperaturen am Morgen, war der Körper mehr damit beschäftigt die Temperatur zu regulieren, als sich mit den äußeren Gegebenheiten zu beschäftigen.  Mein Rücken meldete sich zudem bereits nach einer Stunde und wir mussten am Zoo eine kurze Stehpause einlegen. Diese kurzen Pausen entlasten meinen Rücken und lassen ihn wieder für einige Zeit schmerzfrei auf dem Rad sitzen. Also ging es wieder zurück in Richtung Parkplatz. Durch die kurze Pause waren wir wieder in der gleichen Situation wie auch bei der ersten Nachtfahrt: Der Körper war ganz schnell runter gekühlt und wir saßen zitternd auf unseren Rädern. Die Sonne stieg langsam auf und wir hofften auf wärmende Sonnenstrahlen im Feld. Leider verdeckten Teile der Bergstraße noch die Sonne, sodass wir uns auf die Suche nach einer Bäckerei oder einer Tankstelle machten, um einen heißen Kaffee und Tee zu trinken. Sonntagsmorgens um 6 Uhr ist das gar nicht so einfach, zumindest wenn keine größere Stadt in der Nähe ist. Nach weiteren Kilometern landeten wir dann beim Autohof Hirschberg und versorgten uns dort mit Kaffee und Tee. Mit beiden heißen Getränken setzten wir uns in die Sonne, aßen zwei Energie Riegel und wärmten uns langsam auf.

 

 

Wie bei den Radfahrten tagsüber war auch bei den Nachtfahrten Cycle Glide ein treuer Begleiter und hat Platz in der Trikottasche gefunden. Obwohl wir auch bei den Nachtfahrten jeweils mehrere Stunden auf dem Rad unterwegs waren, mussten wir Cycle Glide auf unsere Problemstellen nur einmal zu Beginn auftragen. Es hat bei diesen Ausfahrten eine langanhaltende Wirkung gezeigt und vor wunden Stellen geschützt. Durch die kühlere Temperatur in der Nacht schwitzt man im Vergleich zu Ausfahrten tagsüber und in der Sonne nicht so viel. Das hat uns sehr überzeugt und wir überlegen daher in der Nacht beim 24h Rennen nur eine Hose zu tragen und diese nicht zu wechseln. Das spart etwas Zeit in der Erholungsphase während der andere von uns auf der Strecke unterwegs ist.

Leider hielt das Gefühl der Wärme nur wenige Minuten an, denn als wir wieder auf dem Rad saßen fing der Körper erneut an zu frieren. Somit beschlossen wir auf direktem Weg zurück zu den Autos zu fahren und die Einheit abzubrechen. Nach knapp drei Stunden hatten wir ca. 81 km auf der Uhr und freuten uns auf zu Hause. Ganz zufrieden waren wir mit dem Ergebnis natürlich nicht, also beschlossen wir, gegen 11.30 Uhr erneut aufs Rad zu steigen und die 2. Hälfte der angepeilten sechs Stunden zu fahren. Diesen Plan setzten wir dann auch zielstrebig um, und so saßen wir pünktlich, aufgewärmt und gestärkt auf dem Rad. Die Beine waren anfangs etwas müde, doch wir fanden schnell unseren Tritt und rollten eine gemütliche flache Runde. So kamen an diesem Tag insgesamt knapp 186 km zusammen. Auffällig bei dieser Tour war, dass das Hungergefühl (trotz längerer Pause und gutem Essen am Vorabend) permanent vorhanden war. Bereits um 4.30 Uhr wurde der erste Riegel verputzt und auch am Mittag meldete sich der Bauch noch in der ersten Stunde. Wichtig ist hierbei, dem Körper in regelmäßigen Abständen Energie hinzuzufügen. An diesem Tag halfen uns Gels und Riegel recht gut, dennoch wissen wir, dass während eines 24h Rennens der Punkt kommen kann, an dem wir diese Form von Energie nicht mehr aufnehmen können bzw. die Lust auf etwas Anderes bzw. Richtiges aufkommen wird.

Simon